Prophezeiungen über die Stadt Tyrus
Die Geschichte der antiken Stadt Tyrus liefert ein weiteres überzeugendes und unbestreitbares Beispiel für erfüllte Prophetie. Tyrus war ein großer Handelshafen am Mittelmeer und lag etwa 160 km nördlich von Jerusalem. Es war zum einen Teil auf dem Festland erbaut und zum anderen Teil auf einer Insel, die knapp 1 km vom Ufer entfernt lag. Die Zerstörung von Tyrus war in Hesekiel 26 vorausgesagt und wurde etwa 588 v.Chr. mit göttlicher Genauigkeit niedergeschrieben. Man beachte folgende Details dieser Voraussage:
Aus der Geschichtsschreibung wissen wir, was tatsächlich mit dieser großen Stadt geschah: Nebukadnezar belagerte sie etwa 13 Jahre lang. Vor dem endgültigen Sturz der Stadt brachten die Bewohner ihr Hab und Gut auf die nahegelegene Insel. Dank ihrer starken Flotte konnten sie sich dort noch lange verteidigen, nachdem der Stadtteil auf dem Festland bereits zerstört worden war.
Über zweihundert Jahre zogen ins Land. Im Jahr 332 v.Chr. stieß Alexander der Große auf seinem welterobernden Feldzug mit seinen Truppen an die Küste von Tyrus, doch war er nicht imstande, die Inselfestung einzunehmen. Alexander beschloss daher, einen Damm zur Insel zu bauen. Dazu bediente er sich der Ruinen der zerstörten Stadt vom Festland – der Steine, des Holzes und des Schutts –, und warf dieses Material ins Meer, sodass der einstige Standort von Tyrus als nackter Felsen zurückblieb. Dann nahm er auch die Insel ein. Auf dem Festland ist Tyrus nie wieder aufgebaut worden, und noch heute breiten die Fischer dort ihre Netze zum Trocknen aus. Genauso war es vorausgesagt: »Ich werde dich zum kahlen Felsen machen; ein Trockenplatz für Netze sollst du werden, du wirst nicht wieder aufgebaut werden« (Hesekiel 26,14).
Wie ist es zu erklären, dass diese Prophezeiungen Hunderte von Jahren im Voraus aufgeschrieben und mit solch minutiöser Genauigkeit in Erfüllung gingen? »Es gibt nur eine Erklärung … mit der sich der Verstand vollkommen zufrieden gibt: Hier spricht Gott, dessen Gedanken alle Zeiten umfassen und vor dem die Zukunft nicht verhüllt ist und der mit diesen Beweisen für seine Glaubwürdigkeit dem Herzen des Menschen die Gewissheit aufprägt: ›Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber sollen nicht vergehen‹ (Matthäus 24,35)«.
Prophezeiungen über Christus
Von allen Prophezeiungen in der Bibel sind keine anderen so zahlreich oder ausführlich wie die vielen Voraussagen über den Herrn Jesus Christus. Seine Abstammung war vorausgesagt: Er musste aus der Nachkommenschaft Abrahams sein (1. Mose 22,18), aus dem Stamm Juda (1. Mose 49,10) und aus dem Haus Davids (Jesaja 9,7). Es war prophezeit, dass er von einer Jungfrau geboren wird (Jesaja 7,14), und zwar in Bethlehem (Micha 5,1). Interessanterweise kommen in der Bibel zwei Orte namens Bethlehem vor. Das eine Bethlehem lag im Gebiet von Sebulon im Norden Israels (Josua 19,15), und das andere lag in Judäa und war auch unter dem Namen Efrata bekannt. Die Prophezeiung über den Geburtsort des Messias ist derart exakt, dass sie zwischen diesen beiden Orten unterscheidet: »Und du, Bethlehem Efrata, das du klein unter den Tausendschaften von Juda bist, aus dir wird mir der hervorgehen, der Herrscher über Israel sein soll; und seine Ursprünge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her« (Micha 5,1).
Jesaja sagte voraus, dass der Messias von einem Vorboten angekündigt (Jesaja 40,3), vom Heiligen Geist gesalbt (11,2; 62,1) und sein Wirken in Galiläa beginnen werde (9,1-2). Es war vorausgesagt, dass ein vertrauter Freund ihn verraten wird (Psalm 41,9), und zwar zum Preis von 30 Silberstücken (Sacharja 11,12).
Die Umstände seines Todes am Kreuz waren im Alten Testament klar geschildert: Seine Hände und Füße sollten durchbohrt werden (Psalm 22,17); er sollte zusammen mit Verbrechern sterben (Jesaja 53,12); seine Peiniger sollten um seine Kleider losen (Psalm 22,19; vgl. Matthäus 27,35); Essig und Galle sollten ihm zu trinken gegeben werden (Psalm 69,22; vgl. Matthäus 27,47-48). Kein einziger Knochen sollte ihm gebrochen (Psalm 34,21; vgl. Johannes 19,36), aber seine Brust durchbohrt werden (Sacharja 12,10; vgl. Johannes 19,37). Sogar seine letzten Worte wurden genau vorausgesagt: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« (Psalm 22,2; vgl. Matthäus 27,46). Er sollte stellvertretend für andere sterben (Jesaja 53,5.12). Seine Bestattung im Grab eines Reichen war vorausgesagt (Jesaja 53,9; vgl. Matthäus 27,57-60), ebenso wie seine Auferstehung (Psalm 16,10; vgl. Apostelgeschichte 2,31) und Himmelfahrt (Psalm 68,19; vgl. Epheser 4,8).
Einige dieser Prophezeiungen wurden nicht weniger als 1600 Jahre vor Christi Geburt getroffen, und die letzten von ihnen wurden über 400 Jahre vor dem Kommen des Messias aufgeschrieben. Dabei ist diese kurze Zusammenfassung keineswegs eine vollständige Liste aller messianischen Prophezeiungen, denn es gibt etwa 300 solcher Voraussagen, die sich in Jesus Christus exakt erfüllt haben.
Welche Schlussfolgerung können wir daraus ziehen? Ein Autor schrieb darüber: »Wenn die Glaubwürdigkeit und Genauigkeit der Bibel vor Gericht juristisch geprüft würde und man dazu die Indizien heranzöge, welche die erfüllten Voraussagen der Bibel liefern, dann könnte in dieser Frage kein Zweifel bestehen bleiben. Kein Gericht könnte zu Recht oder mit Vernunft abstreiten: Eine überwältigende Menge verfügbarer aussagekräftiger Indizienbeweise zeigt eindeutig, dass die Bibel übernatürlichen Ursprungs ist. In den Voraussagen der Bibel könnte kein einziger Fehler gefunden werden.«
Daniels Vision der siebzig Jahrwochen
Diese vielen Voraussagen über das Leben und Sterben Jesu Christi sind bereits faszinierend, doch der Prophet Daniel empfing in einer Vision eine noch erstaunlichere Prophezeiung: Hier wurde ihm der genaue Zeitpunkt mitgeteilt, wann der Messias ermordet würde, auf Jahr, Monat und Tag genau. Und diese Vision geschah 560 Jahre vor diesem Ereignis!
Diese erstaunliche Prophezeiung findet sich im 9. Kapitel des Buches Daniel. Die Berechnung ist an sich etwas kompliziert, doch der bereits erwähnte Leiter von Scotland Yard, Sir Robert Anderson, hat eine vorzügliche Interpretation dieser schwierigen Bibelstelle herausgearbeitet, die unter Bibelauslegern allgemein akzeptiert wird.15
Der betreffende Abschnitt aus Daniel (Kap. 9,25-27) lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Der Engel Gabriel sagte Daniel, dass vom Erlass, Jerusalem wieder aufzubauen bis zum gewaltsamen Tod des Messias 7+62 »Wochen« vergehen, wobei das Wort »Wochen« einfach »Siebener« heißt und sich auf eine Periode von sieben Tagen oder auch sieben Jahren beziehen kann. In diesem Fall kann es sich nur um Jahre handeln; die »Siebener« sind sozusagen »Jahrwochen«. Anders ausgedrückt, sollten vom Erlass, Jerusalem wieder aufzubauen, bis zum Tod des Messias 69×7 = 483 Jahre vergehen.
Der erwähnte Erlass zum Wiederaufbau der Stadt Jerusalem geschah vom persischen König Artaxerxes am 5. März 444 v.Chr., was wir aus der genauen Angabe in Nehemia 2,1-8 wissen. Würden wir von diesem Datum ausgehend den Zeitpunkt 483 Jahre später berechnen, kämen wir nach unserem Kalender auf das Jahr 39 n.Chr. Wir müssen die Berechnung jedoch etwas sorgfältiger gestalten. Nach jüdischer Zeitrechnung umfasste ein Jahr stets 360 Tage. 483 jüdische Jahre entsprechen also 173.880 Tage. Wenn wir dies nun auf unseren Kalender umberechnen und dabei noch die Schaltjahre berücksichtigen, erhalten wir für 173.880 Tage nach dem 5. März 444 v.Chr. als Ergebnis den 30. März 33 n.Chr. Jesus Christus wurde am Tag vor dem Passafest gekreuzigt, welches stets auf den 7. April fällt. Der 30. März 33. n.Chr. ist also ein vernünftiges Datum für den Beginn der Passionswoche des Messias. Die Prophezeiung ist also höchst exakt, da sie besagt, dass der Messias nach oder am Ende von den 7+62 Jahrwochen umgebracht wird.
Wer sich genauer mit diesen Berechnungen beschäftigen möchte, kann weitere Erklärungen nachlesen z.B. in den sehr ausführlichen Erläuterungen zu diesem Bibelabschnitt in »Das Alte Testament erklärt« von John Walvoord16 oder in dem Buch »Bibel und Zukunft« von D.L. Pentecost.
Diese Prophezeiungen Daniels sind, wie die vielen anderen bereits erfüllten Voraussagen dieses Propheten, unbestreitbare Indizien für die göttliche Inspiration der Bibel. Sie erklären darüber hinaus, warum das Buch Daniel so lange das Ziel der vernichtenden Kritik von Bibelgegnern war.
Prophezeiungen über die Stadt Jerusalem
In Lukas 21,24 sagt der Herr Jesus: »Jerusalem wird zertreten werden von den Nationen, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden.« Seit der Zerstörung Jerusalems durch die Römer (70 n.Chr.) war die Stadt von Heiden beherrscht; das ist »die Zeit der Nationen«. Im Jahr 363 n.Chr. wollte ein römischer Kaiser namens Julian der Abtrünnige das Christentum schädigen, indem er den Juden erlaubte, ihren Tempel wieder aufzubauen. Doch der nichtchristliche Historiker Gibbon berichtet, dass »ein Erdbeben, ein Orkan und eine Feuersbrunst … die neuen Grundmauern des Tempels umrissen und zerstörten«18 und das Vorhaben so vereitelt wurde.
Nachdem gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit der Zionismus-Bewegung eine Rückkehr der Juden nach Palästina begonnen hatte, wurde dort am 14. Mai 1948 der neue Staat Israel ausgerufen. Doch als die Grenzen des neuen Israels festgelegt wurden, befand sich damit das alte Jerusalem im Königreich Jordanien. Später im Jahr 1948 geriet die neue jüdische Armee in einen Konflikt mit der Arabischen Liga. Israel stürmte entschlossen die Altstadt von Jerusalem, doch als sie bereits kurz vor dem Sieg standen, schritten die Vereinten Nationen ein und riefen einen Waffenstillstand aus. Zwischen den beiden Armeen wurde ein Niemandsland eingerichtet und die Altstadt Jerusalems befand sich weiterhin in arabischer Hand. 1967 schließlich gelang es Israel im Sechstagekrieg die Altstadt zu erobern, doch bis heute behalten sich die Muslime unter Obhut der Uno das Recht vor, den einstigen Tempelplatz mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee als ihr Heiligtum zu belegen. Welchen unaufhörlichen Konflikt das bedeutet, ist uns aus den täglichen Nachrichten nur zu gut bekannt. Der Status von Jerusalem ist eines der heikelsten Zankäpfel der Weltpolitik.
Die oben zitierte Prophezeiung Jesu ist also gültig; Gottes erwählter Ort der Anbetung wird weiterhin von Heiden zertreten, »bis die Zeit der Nationen erfüllt ist«. Die Bibel sagt, dass »Jerusalem zu einem Stemmstein der Völker« wird und sich »alle Nationen gegen Jerusalem versammeln werden« (Sacharja 12,3) und dass die Nationen »die heilige Stadt zertreten werden 42 Monate« lang (Offenbarung 11,2). Diese 42 Monate beziehen sich auf die letzte Hälfte der 70. Jahrwoche aus Daniels Prophetie. Nach diesen sieben Jahren wird Jesus Christus in Herrlichkeit wiederkommen und in Jerusalem triumphieren.
Jesu Weherufe über galiläische Städte
Während seines irdischen Wirkens besuchte der Herr Jesus die galiläischen Städte Kapernaum, Chorazin, Bethsaida und Tiberias. Obwohl der Herr in den ersten drei dieser Städte beeindruckende Wunder wirkte, taten ihre Bewohner keine Buße. Deshalb sprach der Herr ein Wehe über diese drei Städte aus, was in Matthäus 11,21-24 nachzulesen ist. Über Tiberias sprach er dieses Wehe jedoch nicht.
Was ist im Lauf der Jahrhunderte aus diesen Städten geworden? Am nordwestlichen Ufer des Sees Genezareth finden sich Ruinen, die man für Überreste des alten Kapernaum hält. Nachgewiesen ist die genaue Lage dieses antiken Ortes jedoch nicht. Gleiches gilt für Chorazin und Bethsaida. Niemand weiß genau, wo diese Städte lagen. Sie sind untergegangen, doch Tiberias ist bis heute eine florierende Hafenstadt am Ufer des Sees Genezareth und hat die Unruhen der Jahrhunderte überstanden. Ist es bloßer Zufall, dass die drei vom Herrn verfluchten Städte verschwunden sind, während die eine nicht verfluchte Stadt erhalten blieb?
Zusammenfassung
Wir könnten massenhaft Beispiele für weitere erfüllte Prophezeiungen anführen, doch diese sollten ausreichen, um zu zeigen, dass die Schreiber der Bibel von Gott inspiriert waren. Für den aufrichtigen Denker sind das überzeugende Anhaltspunkte. Ein bekannter Autor beschrieb treffend die hohe Bedeutung von erfüllten Prophezeiungen:
Erfüllte Prophetie ist ein Beweis für die Inspiration, weil die biblischen Voraussagen künftiger Ereignisse so lange vor dem Eintreten der Ereignissen getroffen wurden, dass kein rein menschlicher Scharfsinn oder Weitblick sie vorausahnen konnte. Diese Voraussagen sind so detailliert, genau und konkret, dass jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass es sich lediglich um glückliche Schätzungen handelte. Hunderte von Voraussagen über Israel, das Land Kanaan, Babylon, Assyrien, Ägypten und zahlreiche Personen – so alt, so einzigartig, so offensichtlich unwahrscheinlich und zugleich so detailliert und konkret, dass kein Sterblicher sie sich hätte ausdenken können – sind in Erfüllung gegangen unter Mitwirken der Naturgewalten oder von Menschen, die diese Voraussagen nicht kannten oder nicht glaubten oder sogar verzweifelt versichten, ihre Erfüllung zu verhindern. Daher gilt es als sicher, dass die Schriften, die diese Voraussagen enthalten, inspiriert sind.«19
Jesus sagte zu seinen Jüngern: »Und jetzt habe ich es euch gesagt, ehe es geschieht, damit ihr glaubt, wenn es geschieht« (Johannes 14,29). Glauben Sie ihm?
Auszug aus dem Buch "Ist die Bibel Wahrheit?" von William MacDonald.
© Betanien Verlag, Bielefeld, 2002